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Wer wenn nicht wir, wo wenn nicht hier?

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billigkleidung

Ladys es muss etwas passieren, so kann es mit der Kleiderbranche doch nicht weitergehen. Nach dem Einsturz einer Textilfabrik in Dhaka sind die Medien plötzlich voll mit Meldungen über Unfälle in Südostasien. Aber die Unglücke mehren sich nicht in letzter Zeit, sie werden seit Jahren kaum beachtet. Menschen in Bagladesch oder Kambotscha arbeiten für einen Hungerlohn und riskieren dafür auch noch ihr Leben. Und das alles, damit wir uns ständig immer wieder neue günstige Klamotten kaufen können. Ist es das wert?

Bei dem Einsturz und einem Brand in Textilfabriken in Bagladesch sind in den letzten Wochen über 1200 Menschen ums Leben gekommen. In Sabhar, einem Vorort von Dhaka wurden im April 1127 Menschen getötet und 2438 verletzt. Der Unfall in der Fabrik Rana Plaza gehört damit zu den schwersten in der Geschichte des Landes. Bereits am Vortrag waren Risse in den Wänden des Gebäudes festgestellt und der Zutritt deshalb von der Polizei verboten worden. Dennoch hielten sich mehr als 3000 Menschen, vor allem Textilarbeiterinnen, in den Gebäuden auf – sie waren von ihren Auftraggebern gezwungen worden, die Arbeit aufzunehmen.

Produzieren ließ in dem Gebäude beispielsweise Kik. Genauso übrigens wie in den beiden Fabriken Lahore und Karatschi (Pakistan), in denen letztes Jahr 300 Menschen durch ein Feuer ums Leben kamen. Beim Brand in der Textilfabrik Tazreen Fashion bei Dhaka im November 2012 wurden 112 Mitarbeiter getötet. Immer wieder der Grund: Die Gebäude erfüllen nicht einmal die minimalsten Sicherheitsstandards. So existierten in letztgenannter Fabrik beispielsweise keine Notausgänge. Bei einem Unglück in einer Schuhfabrik in Kambodscha letzten Dienstag stürzte aufgrund eines Fehlers in der Statik das Dach ein. Tausende Textilfabriken sind nämlich zudem ohne Baugenehmigung errichtet oder aufgestockt worden.

Anfang Mai wurden darum 18 Fabriken auf staatlichen Druck geschlossen. Künftig wird es den Textilarbeitern gestattet, sich in Gewerkschaften zusammenschließen und Lohnverhandlungen zu führen. Der Mindestlohn, der momentan bei etwa 30 Euro im Monat liegt, soll darüber hinaus erhöht werden. Auch viele westliche Bekleidungsunternehmen haben sich inzwischen für bessere Sicherheits- und Arbeitsbedingungen in asiatischen Billiglohnländern ausgesprochen. Es wird auch Zeit. Bangladesch ist der zweitgrößte Textilexporteur der Welt und beliefert vor allem den europäischen und amerikanischen Markt. In mehr als 4000 Textilfabriken arbeiten über zwei Millionen Menschen und erhalten die weltweit niedrigsten Löhne.

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Eine Maßnahme nach den Unglücken ist ein Gebäude- und Brandschutzabkommen für Bangladesch, das vom Gewerkschaftsdachverband UNI Global Union und der globalen Gewerkschaft IndustriAll initiert wurde. 31 Unternehmen haben das Abkommen unterzeichnet, u.a. H&M, C&A, PVH (Calvin Klein, Tommy Hilfiger), Tchibo, Primark, Mango, Kik sowie Abercrombie & Fitch. Damit sollen die Bedingungen von Menschen in mehr als 1000 Fabriken verbessert werden. Die Unternehmen wollen sich darüber hinaus finanziell an den Sanierungen der Gebäude beteiligen. In der Talkrunde mit Günther Jauch zum Thema Billigkleidung aus Bangladesch – sind wir schuld am Tod der Näherinnen kritisierte der Journalist Ranga Yogeshwar gestern Abend jedoch zurecht, dass das Abkommen viel zu unkonkret und unverbindlich ausfällt. Halten sich die Unternehmen nicht daran, drohen kaum Sanktionsmaßnamen.

Einig waren sich allerdings alle Talkgäste, dass den Konsumenten die geringste Schuld trifft. Denn eine Rückverfolgung der gesamten Produktionskette eines einzelnen Kleidungsstücks ist kaum möglich. Das Label „Made in Italy“ sagt beispielsweise gar nichts aus. Auf dem Etikett erscheint der Name des Landes, in dem das Kleidungsstück als letztes verarbeitet wurde. Außerdem ist es gängige Praxis, dass chinesische Arbeiterinnen nach Italien eingeflogen werden, damit sie dort zu den gleichen Löhnen wie in ihrer Heimat arbeiten. Eine Lösung sind laut Gisela Burckhardt, von der Kampagne für Saubere Kleidung, Tracke & Trace Codes auf den Labels, die testweise schon in der Öko-Mode Anwendung finden.

Außerdem nimmt die Verbreitung von Gütesiegeln stark zu. Zu den strengsten fairen Siegeln, welches vor allem die Bedingungen der Beschäftigten auf Baumwollplantagen und die Einkaufspolitik der hiesigen Firmen überwacht, gehört die Fair Wear Foundation. Mitglied sind schon mehr als 100 Unternehmen, darunter die großen Outdoor-Firmen wie Schöffel oder Jack Wolfskin, aber auch Gesellschaften wie Hess Natur und Marken wie Acne, Gaastra, McGregor und Odd Molly. Daneben gibt es ökologische Siegel für Naturtextilien wie GOTS und IVN Best. Ich denke, uns alle trifft ein wenig Schuld, wenn wir den Gedanken an die Herstellung unserer Kleidung verdrängen. Erst wenn Arbeit, Kleidung und Rohstoffe wieder als etwas Wertvolles betrachtet werden und wir auch bereit sind dafür zu zahlen, kann sich wirklich etwas verändern.

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Als ich die Etiketten meiner Kleidungsstücke untersuchte, fiel mir auf, dass auf vielen das Herkunftsland schwer zu finden oder gar nicht verzeichnet ist. Bei Zara muss man sich erst einmal durch einen ganzen Katalog mit Waschanleitungen in 10 verschiedenen Sprachen kämpfen, Schumacher verzeichnet lediglich den Sitz in Mannheim. Sehr transparent verfährt hingegen H&M und platziert das Herkunftsland gleich am Kragen.


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