Ich warne Euch vor: Dieser Film, der letzte Woche im ZDF lief, ist nichts für sanfte Gemüter. Es gab mehrere Szenen, in denen ich gar nicht mehr hinblicken wollte und es mir fast den Magen umgedreht hat. Nichtsdestotrotz möchte ich Euch die 37-Grad-Reportage „Gift auf unserer Haut – Leder und Pelze für Deutschland“, für die der Journalist Manfred Karremann von Deutschland über Italien bis nach Bangladesch und Nordchina tourte, unbedingt ans Herz legen. Wir dürfen nicht wegsehen, denn es ist enorm wichtig, dass wir uns endlich bewusst machen, was wir auf der Haut tragen und unter welchen Bedingungen die Produkte hergestellt werden.
Problem eins: „Eine Umweltkatastrophe epischen Ausmaßes“
Echtes Leder ist für mich ein Qualitätskriterium, das ein hochwertiges Produkt auszeichnet. Niemals würde ich eine Tasche oder Schuhe aus Kunstleder kaufen. Allerdings: Woher das Leder stammt, diese Frage stelle ich mir nur selten. Lediglich bei Echtlederschuhen für einen geringeren Preis als 50 Euro werde ich hellhörig und denke mir, dass das doch gar nicht möglich sein kann. Viele dieser Billig-Lederprodukte stammen aus Fernost, vor allem Bangladesch ist in der Stastik wieder ganz vorne mit dabei. Die Lederhochburg: der Gerbereistadtteil Hazaribagh in der Hauptstadt Dhaka. Umweltauflagen gibt es hier keine, das macht das Leder so schön billig. Die Stadt ist durchzogen von vergifteten Flüssen, die Menschen leben zwischen Müllbergen. Hazaribagh gilt als das meistverschmutzte Gebiet der Welt. Die Lebenserwartung der Arbeiter liegt darum bei nur etwa 50 Jahren.
Problem zwei: Brutalste Bedingungen für die Leder- und Pelztiere
Haut- und Atemwegserkrankungen stehen auf der Tagesordnung, fehlende Gliedmaßen sind nichts Ungewöhnliches. Auch Kinder arbeiten in den Gerbereien und stehen häufig barfuß in der Chemikalienbrühe. Da die Fabrikarbeiter nicht versichert sind, verhungern ihre Familien im Fall, dass sie durch die ständige Berührung mit den Chemikalien dauerhaft erkranken. Trotz dieser hohen gesundheitlichen Risiken verdienen die Gerbereiarbeiter nur etwa 30 Euro im Monat. Hinzu kommt: Die Kühe, von denen das meiste Leder stammt, werden unter brutalsten Bedingungen tausende Kilometer von Indien nach Bangladesch gebracht. Dort werden sie dann in der Regel illegal auf der Straße und ohne Betäubung geschlachtet. Ein ähnlich grausames Schicksal droht den Pelztieren, die in den kalten Regionen Chinas gezüchtet werden. Einige Hundert Kilometer nordöstlich von Peking sind Pelztierfarmen in den letzten Jahren wie Pilze aus dem Boden geschossen. Etwa 10 Millionen Marderhunde werden hier jedes Jahr gezüchtet.
Problem drei: Gesundheitsrisiken auch für die Endverbraucher
Die kuschligen Tierchen sind so beliebt, da sie angeblich anspruchslos in Haltung und Futter sind. In Käfigen, so klein, dass sich die Tiere kaum um sich selbst drehen können, fristen sie so lange ein trostloses Dasein, bis ihnen auf einem der Viehmärkte bei lebendigen Leibe das Fell über die Ohren gezogen wird. Zusätzlich zu den gesundheitlichen Risiken für die Fabrikarbeiter und den unwürdigen Bedingungen denen die Tiere ausgesetzt sind, kommt ein drittes Problem: Auch der Endverbraucher begibt sich mit dem Kauf eines Billigleder- oder Billigpelzproduktes in Gefahr. Um das Leder haltbar zu machen, wird in der Ledergerbung fast überall die Chemikalie Chrom verwendet. Wird mit dieser nicht sorgfältig umgegangen, kann sich Chrom VI bilden – ein Stoff, der lebenslange Allergien auslösen kann und im Verdacht steht, krebserregend zu wirken. Das Bizarre: Vor allem Kinderschuhe sind häufig mit Chrom VI belastet.
Und die Lösung?
Eine Kennzeichnungspflicht, welches Tier wo verarbeitet wurde, gibt es bislang nicht. Ebensowenig müssen die im Herstellungsprozess verwendeten Chemikalien deklariert werden. Hier besteht meiner Ansicht nach dringend Handlungsbedarf. Und bis dahin sollten wir nur noch bei Firmen kaufen, die in die Lederproduktion investieren. Aigner beispielsweise verwendet nur europäisches Leder und arbeitet mit ausgewählten Gerbereien wie der deutschen Firma Heinen zusammen. Einen weiteren Tipp hält die Reportage bereit: Das europäische Warnsystem RAPEX untersucht Textilien und veröffentlicht Gefahrenmeldungen für verunreinigte Waren.